Einführung

Einführung – Die Rote Armee Fraktion/RAF

1970 – 1975: Die erste Generation der RAF

Zentrale Figuren der ersten Generation waren Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof.

Die erste Generation der RAF sah sich als eine Gruppe, die Widerstand gegen weltweiten Imperialismus und Kapitalismus leisten wollte. Mit ihrem Handeln und ihren terroristischen Aktionen versuchten sie, progressive Gedanken zu verbreiten und verfolgten das Ziel, revolutionären Massen Orientierung zu geben.

Beim Verbreiten ihrer Ideen griff die RAF auf gewaltsame Methoden zurück, wie beispielsweise Bombenanschläge auf verschiedene Behörden, Einrichtungen und Personen und zur Finanzierung ihrer Aktionen dienten zahlreiche Banküberfälle. Von 1970 bis 1975 reklamierte die RAF für sich vier Tote und 41 Verletzte.

Trotzdem war die RAF der Meinung, dass sich ihr Terror nicht gegen das Volk und die Masse, sondern ausschließlich gegen Befürworter des Ausbeutungssystems und der Unterdrückung richtete. Wenn bei den Anschlägen der RAF Zivilisten verletzt wurden, so war dies laut der RAF zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, sondern Kollateralschäden als Folge ihrer Anschläge gegen staatliche Institutionen und Organisationen.

1975 – 1981: Die zweite Generation der RAF

Neben der ersten Generation der RAF bildete sich schon im Jahr 1973 eine neue Gruppe, die zweite Generation der RAF, mit Mitgliedern wie Baaders Anwalt Siegfried Hag, Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar.

Im Vergleich zur ersten Generation stand nicht der Protest gegen Kapitalismus und Imperialismus an erster Stelle, vielmehr nahm sich die zweite Generation das Freipressen der inhaftierten Mitglieder der ersten Generation der RAF zum Ziel. Das Vorgehen der zweiten Generation wird als deutlich brutaler, rücksichtsloser und internationaler beschrieben. Innerhalb der Gruppierung wurde über das Freipressen der Häftlinge von der „Big Raushole“-Aktion gesprochen.

Die Pläne der zweiten Generation der RAF waren noch sehr stark von den Gründern der Ursprungsbewegung geprägt. Während die Anführer der ersten Generation in Stammheim inhaftiert waren, bestimmten sie noch immer die Richtung der gesamten Bewegung, und die umzusetzenden Pläne wurden stark von ihnen beeinflusst. Der Gefängnisinsasse Andreas Baader erklärte die Befreiung der Inhaftierten als oberstes Ziel der Gruppe und war der Meinung, dass der Druck auf deutsche Behörden deshalb auch steigen müsse. Einerseits geschah dies durch gewaltsame Anschläge und Entführungen ausgewählter Persönlichkeiten auf nationaler Ebene, andererseits auch durch internationale Aktionen in Zusammenarbeit mit palästinensischen Terroristen, wie beispielsweise die Entführung des Flugzeugs „Landshut“. Die Ereignisse zu dieser Zeit wurden unter dem Begriff „Deutscher Herbst“ zusammengefasst.

Ereignisse nach chronologischer Reihenfolge

April 1968 – Kaufhausbrände in Frankfurt

Andreas Baader und Gudrun Ensslin begingen Brandstiftung in Kaufhäusern in Frankfurt. Dies war ein gewaltsamer Beitrag zur Studentenbewegung der 68er, die sich nach dem Tod von Benno Ohnesorg (einem Demonstrant, der bei Protesten von einem Polizisten erschossen wurde) radikalisierte. Die beiden setzten sich zeitweise in Jordanien ab, um einer Fahndung zu entgehen.

4. April 1970 – Verhaftung von Andreas Baader

Nach Rückkehr von Baader und Ensslin aus Jordanien konnte Andreas Baader bei einer Verkehrskontrolle verhaftet werden. Hinweise auf seinen Aufenthalt in Deutschland ermöglichten die Festnahme. Die Dauer der Haft beschränkte sich jedoch aufgrund der unten beschriebenen Befreiungsaktion auf lediglich vier Wochen.

14. Mai 1970 – Befreiung von Andreas Baader

Einen Monat nach Haftantritt erhält Andreas Baader die Erlaubnis, an einem Projekt von der damals sehr angesehen Journalistin Ulrike Meinhof teilzunehmen. Für das geplante Interview durfte er ins Berliner „Institut für zentrale Fragen“. Ulrike Meinhof war zu diesem Zeitpunkt bereits mit der RAF verbündet und plante zusammen mit Gudrun Ensslin und dem Anwalt Horst Mahler die Befreiung Baaders. Bei der Befreiungsaktion wirkten insgesamt sechs Personen mit und nach gelungener Umsetzung nutze die Gruppe die Aktion für einen medienwirksamen Auftritt in einer Zeitung. Hierbei publizierte die Gruppe ihre Pläne, das Subproletariat zu befreien und Widerstand gegen die herrschende Regierung und deren Entscheidungen zu leisten. Die riskante Befreiungsaktion und der Medienauftritt gelten auch als Geburtsstunde der RAF. Der Begriff „RAF“ und das dazugehörige Symbol erschien erstmals 1971 in dem von Ulrike Meinhof verfassten Text „Das Konzept Stadtguerilla“, sie ruft dort auch zu Gewaltbereitschaft auf.

Mai/Juni 1972 – Mai-Offensive

Aus Protesten gegen den Vietnamkrieg der USA begann die sogenannte Mai-Offensive mit einem Bombenanschlag auf das Hauptquartier der US-Armee in Frankfurt am Main, gefolgt von einem Anschlag auf das in Heidelberg stationierte US-Militär. Es folgten Anschläge auf Einrichtungen deutscher Behörden, wie beispielsweise auf die Polizeidirektion Augsburg und das Landeskriminalamt München(12. Mai 1972), ein Anschlag auf den Wagen des Bundesrichters Buddenberg (15. Mai.1972) und ein Bombenattentat auf das Axel Springer-Verlagshaus (19. Mai 1972) in Hamburg, bei dem 30 Menschen ums Leben kamen. Durch die Anschläge gerieten viele Privatpersonen in Mitleidenschaft, weshalb die RAF in der Gesellschaft sehr an Sympathie verlor und die Öffentlichkeit sich zwischenzeitlich auch deutlich von den Taten der RAF distanzierte.

Juni 1972 – Verhaftung und Haft der Mitglieder der ersten Generation

Im Juni 1972 kam es bei einer Großfahndung zur Verhaftung mehrerer Mitglieder der ersten Generation, darunter Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Jan-Carl Raspe, Holger Meins und Ulrike Meinhof, die daraufhin in jeweils unterschiedlichen Gefängnissen untergebracht wurden. Die RAF bezeichnete dies als “Isolationshaft“ und forderte eine Zusammenlegung der Gefangenen. Mit Hungerstreiks als Druckmittel versuchten die Gefangenen ihre Forderungen durchzusetzen. Holger Meins stirbt trotz Zwangsernährung am 9.Novermber 1974 an den Folgen eines Hungerstreiks.

Bis 1974 – Finanzierungsmaßnahmen

Bis Ende 1974 erfolgten zahlreiche Banküberfälle, Bombenanschläge auf amerikanische Militäreinrichtungen, deutsche Sicherheitsbehörden und ihre Vertreter, sowie Medienunternehmen. Diese Anschläge dienten unter anderem zur weiteren Finanzierung der RAF und ihrer Vorhaben.

1975 – Zusammenlegung der Inhaftierten und Prozessbeginn

Im Jahr 1975 wurden die Inhaftierten schließlich zusammengelegt und in die JVA Stuttgart-Stammheim gebracht. Dafür wurden zahlreiche Baumaßnahmen und Modifikationen in Stammheim durchgeführt, um jegliche Fluchtversuche im Vorfeld zu verhindern. Im Mai desselben Jahres begannen die Prozesse gegen die RAF-Spitze im dafür eigens errichteten Gerichtssaal direkt neben dem Gefängnis.

1976 / 1977 - Verurteilung, Befreiungsversuche und Selbstmorde der Inhaftierten

Am 9. Mai 1976 kam es zum Selbstmord Ulrike Meinhofs. Die RAF vertrat jedoch die Meinung, dass dies ein vom Staat geplanter Auftragsmord gewesen sei. Die Verurteilung der restlichen Gefangenen erfolgte nach 192 Verhandlungstagen am 28. April 1977 und resultierte in einer lebenslangen Haftstrafe für Baader und Ensslin. Unterdessen bildete sich außerhalb der Gefängnismauern die zweite Generation, die immer wieder Befreiungsversuche startete, welche jedoch alle scheiterten. Bereits kurz nach der Verhaftung von Mitgliedern der ersten Generation 1972, zeigte sich eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der RAF und palästinensischen Terrorgruppen, die nun gemeinsam das Ziel der Gefangenenbefreiung umsetzten wollten. Unter der intern benannten „Aktion Margarine“ wurde am 7. April 1977 ein Attentat auf den Generalbundesanwalt Siegfried Buback verübt. Zusätzlich zu ihm kamen zwei weitere Personen ums Leben. Drei Monate später, am 30. Juli 1977 sollte der Vorstandsvorsitzende der Dresdner Bank, Jürgen Ponto, entführt und somit die inhaftierten RAF-Mitglieder freigepresst werden („Big Raushole I“). Die Entführung scheiterte jedoch und Ponto wurde von Brigitte Mohnhaupt erschossen. Um den Druck auf die politischen Entscheidungsträger zu verschärfen und die geforderten 11 Inhaftierten erfolgreich freipressen zu können, wurde am 5. September 1977 der Arbeitsgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer unter der Aktion „Big Raushole II“ entführt. Zur Unterstützung dieser Aktion wurde die Lufthansa-Maschine „Landshut“ von palästinensischen Terroristen entführt. Die Situation eskalierte jedoch, der Flugkapitän wurde ermordet und die Geiseln durch die GSG 9 befreit. Es kam zum Selbstmord der Inhaftierten Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in der Nacht vom 17. auf den 18. Oktober 1977. Daraufhin wurde auch Hanns-Martin Schleyer, 43 Tage nach seiner Entführung, ermordet und im Kofferraum eines im Elsass platzierten Wagens aufgefunden. In der Zeit vom 14. Mai 1970 bis zum 20. April 1998 (28 Jahre) hat die RAF insgesamt 34 Morde begangen.

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